Immer mehr Kantone regeln den Heizungsersatz gemäss den MuKEn-Vorgaben. Monovalente Systeme, insbesondere Wärmepumpen, legen dadurch deutlich zu. Das zeigt eine aktuelle Datenanalyse im Auftrag der Energiedirektorenkonferenz.
Seit dem 1. Januar 2019 ist das revidierte Luzerner Energiegesetz in Kraft. Es regelt den Heizungsersatz gemäss den aktuellen Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014). Konkret heisst das: Wer eine Öl- oder Gasheizung wiederum mit einer fossilen Heizung erneuern will, muss 10 Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen decken. Gemäss den Standardlösungen der MuKEn kann beispielsweise der neue Ölkessel mit einer Solarthermieanlage für die Warmwasseraufbereitung ergänzt werden.
Wie in anderen Kantonen wurde auch in Luzern emotional über diese Vorgabe diskutiert. Trotzdem fiel das Ja zum neuen Gesetz mit fast 59 Prozent deutlich aus. Bisher werde das neue Energiegesetz gut akzeptiert, sagt Mattias Baumberger, Fachspezialist Energie bei der Dienststelle Umwelt und Energie (uwe) des Kantons Luzern. «Kritische Stimmen sind selten. Ab und zu hören wir, die Vorgaben gingen zu weit. Es gibt jedoch auch Rückmeldungen, wonach das Gesetz ambitionierter sein dürfte», sagt Baumberger. So werde etwa beim Heizungsersatz kritisiert, dass die Erfüllung der GEAK-Gesamtenergieeffizienzklasse D zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgabe ausreiche.
Klarer Trend
Bis zur Einführung des neuen Gesetzes war der 1:1-Ersatz fossiler Heizungen in Luzern ohne weitere Auflagen erlaubt. Manche Installateure berichten, dass es 2018 zu einem regelrechten Peak bei den Öl- und Gasheizungen gekommen sei. Doch nun hat der Wind gedreht. Dies belegen systematisch erhobene Zahlen. Eine neu eingeführte Meldepflicht verlangt von der Bauherrschaft nämlich, dem Kanton beim Heizungsersatz den gewählten Energieträger für die Heizung anzuzeigen. Aufgrund dieser Daten ist das Bild klar. «Es gibt einen Trend zu Heizungen mit erneuerbaren Energieträgern, insbesondere Wärmepumpen», berichtet Mattias Baumberger. Bei gut 1100 gemeldeten Heizungswechseln wurde knapp 1000 Mal eine der elf MuKEn-Standardlösungen umgesetzt. Davon machen die monovalenten Systeme Holzfeuerung, Wärmepumpe und Fernwärmeanschluss über 90 Prozent aus.
Im Umkehrschluss heisst dies: Viel häufiger als die Kombination von fossilen und erneuerbaren Energieträgern (bivalente Anlagen gemäss den MuKEn-Standardlösungen) sind monovalente Anlagen mit erneuerbarem Energieträger. Beim uwe sieht man dafür zwei Gründe: Der erste ist der geringe Aufwand. Der früher so häufige 1:1-Ersatz sei einfach gewesen, sagt Baumberger: «Vermutlich hat man sich in vielen Fällen gar nicht mit Alternativen befasst. Das neue Gesetz verlangt diese Beschäftigung mit erneuerbaren Energieträgern, was oft zu einem Komplettumstieg führt.»
Der zweite Grund ist finanzieller Natur. Wer die Lebenszykluskosten einer Heizung betrachtet, also neben den Investitionskosten auch die Energie- und Unterhaltskosten berücksichtigt, fährt mit erneuerbaren Energieträgern oft günstiger. Zudem wurde die kantonale Förderung ergänzt. Seit 2019 fördert der Kanton Luzern Wärmepumpen, seit 2020 zudem kleine Holzfeuerungen. «Zudem sind bei ineffizienten Gebäuden fossile Heizungen teurer geworden, weil zusätzlich eine Standardlösung umgesetzt werden muss», erläutert Baumberger.
Schweizweiter Trend
Was im Kanton Luzern zu beobachten ist, gilt auch für weitere Stände, welche die MuKEn bereits in Kraft gesetzt haben. Das zeigt die Datenanalyse «Auswirkungen der Heizungsersatzregelung der MuKEn auf die Wahl des Heizträgers» (vgl. Infobox). Durchgeführt wurde sie im Auftrag der Energiedirektorenkonferenz von der Immobilienberatungsfirma Wüest Partner. Einer der Studienautoren ist Jörg Schläpfer, Leiter Makroökonomie bei Wüest Partner.
Ausgewertet hat man insgesamt rund 40 000 Baugesuche, die zwischen Januar 2010 und Dezember 2019 eingereicht wurden. Die Erkenntnisse fasst Jörg Schläpfer wie folgt zusammen: «Der schweizweite Trend geht weg von fossilen Wärmeerzeugern. Der Marktanteil der Wärmepumpen nimmt deutlich zu, besonders stark in jenen Kantonen, welche die MuKEn bereits umsetzen.»
Der Blick auf die schweizweiten Daten bestätigt den Eindruck aus Luzern: Anstelle von bivalenten, MuKEn-kompatiblen Heizsystemen setzen die Eigentümerschaften überwiegend auf monovalente Systeme mit erneuerbarem Energieträger. «Die MuKEn verbieten fossile Heizungen nicht. Wer sie beibehalten will, muss aber zusätzlichen Aufwand treiben, während die rein erneuerbaren Heizlösungen einfacher sind», kommentiert Schläpfer. Neben diesem regulatorischen Aspekt gebe es auch die politische Entwicklung des letzten Jahres zu bedenken: «Die Proteste der Klimajugend haben zu einem merkbaren Umdenken und sogar zur Verschärfung des CO2-Gesetzes geführt. Durch den politischen Diskurs über die Heizträger und den Klimawandel haben sich viele Eigentümer überhaupt erst mit den verschiedenen Heizsystemen auseinandergesetzt.» Der eigene Beitrag zum Klimaschutz, etwa durch den Verzicht auf eine Öl- oder Gasheizung, werde für den Einzelnen viel konkreter, wenn der eigene Kanton die MuKEn umsetze.
Positive Signale
Suissetec, der die Kantone bei der Entwicklung der MuKEn unterstützt hat, begrüsst diese Entwicklung als Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung der Energiestrategie. «Wir sind überzeugt, dass Heizungen mit erneuerbaren Energieträgern viele Vorteile bieten», sagt Robert Diana, Leiter Fachbereich Heizung bei Suissetec. Mit dem neuen Programm «erneuerbar heizen», das Anfang 2020 vom EnergieSchweiz lanciert wurde, gebe es ein wichtiges Instrument: «Indem wir den Bauherrschaften mit fossiler Heizung gute Alternativen aufzeigen, können wir den Drang zum 1:1-Ersatz mildern.»
Den Trend, wonach eher monovalente Systeme mit erneuerbarem Energieträger als bivalente MuKEn-Musterlösungen umgesetzt werden, kommentiert Diana wie folgt: «Bei der Entwicklung der MuKEn suchten die Kantone einen moderaten Weg, um die Endkunden von fossilen Energieträgern wegzubringen. In den Kantonen, welche die MuKEn bereits in ihrem Energiegesetz umsetzen, sehen wir eine klare Präferenz für erneuerbare Energien. Suissetec begrüsst diese Entwicklung, denn sie ist ein wichtiger Beitrag für einen dekarbonisierten Gebäudesektor.»
Bei Wüest Partner ist man für eine Ausweitung der Analyse bereit, wie Jörg Schläpfer sagt: «In diesem Jahr werden weitere Kantone die MuKEn umsetzen. Die Datenbasis wird also breiter, die Aussagen können besser quantifiziert werden. Somit können wir von der explorativen zur qualitativen statistischen Analyse gelangen und die signifikanten Effekte beziffern.» Der Vollzug der revidierten Energiegesetze dürfte nach Einschätzung von Mattias Baumberger (uwe Luzern) zu wenig Problemen führen: «Wir haben inzwischen 15 Monate Erfahrung mit den neuen Vorschriften. Die Standardlösungen sind gut umsetzbar. Bisher hatten wir keinen Fall, in dem keine der elf Standardlösungen umsetzbar war.»